Nervös? Gut so!

Wo beginnt Innovation?

Von Nico Gurtner, Museum für Kommunikation
Leiter Marketing & Kommunikation

Von Philatelie zu Parties
Meine ersten Erinnerungen ans Museum für Kommunikation stammen aus einer Zeit, als ich nicht einmal daran gedacht habe, dass ich einmal hier arbeiten könnte. Das älteste Bild ist klein und klebrig: eine Ausstellung mit Briefmarken, Briefmarken und nochmals Briefmarken. Das muss Ende der 1980er-Jahre gewesen sein, als zwei Drittel des Museums der Philatelie gewidmet waren. Obwohl das damals zeitgemäss war – die meisten Schweizerinnen und Schweizer sammelten zu dieser Zeit noch Briefmarken – kann ich mich noch gut an die gefühlte Endlosigkeit erinnern.
Die zweite Erinnerung: Anfangs der 2000er-Jahre war ich an einer der damals populären Mouthwatering-Parties in den Museumsräumen. Ich weiss noch, wie aussergewöhnlich sich das anfühlte: Discoatmosphäre im Museum. Das Bild ist jedenfalls fast 20 Jahre lang hängen geblieben und tauchte wieder auf, als ich zum Bewerbungsgespräch ins Museum kam.

Was hat das mit Innovation zu tun? Fragst du dich vielleicht jetzt. Nun – gelernt habe ich aus diesen Erinnerungen, dass Innovation nicht von heute auf morgen entsteht. Es ist ein Weg, den man konstant verfolgt. Aber er steht allen offen.

Dem etwas staubigen anmutenden PTT-Museum der 1980er-Jahre hätte wohl niemand einen Museumspreis des Europarates vorausgesagt.

Im 2019 ist genau das eingetreten: Wir haben für die Erfindung von Gastgebern im Museum einen der wichtigsten europäischen Museumspreise erhalten. Wohlverstanden als erst drittes Museum der Schweiz.

Positive Nervosität
Im Rückblick ist der Preis aber die logische Konsequenz von über 20 Jahren Arbeit. Jahre, in denen das Museum immer wieder Neues gewagt und unbekanntes Territorium betreten hat. Wann immer Nervosität aufkommt und die Angst, dass das nicht klappen könnte, dann weiss ich – wir sind gut unterwegs. Wir wagen uns in einen Bereich vor, den wir noch nicht kennen. Wie mit der neusten Wechselausstellung Schweinehunde und Spielverderber, wo wir eigene Hemmungen ablegen und die Besucherinnen und Besucher zum Dialog untereinander einladen. Wir stellen die Bühne auf – bespielen werden sie unsere Gäste. Drücken wir die Daumen, dass es klappt!

Die Gruppe L&M führt einen Tanz auf

Und dann erinnern mich diese beiden Bilder aus der Vergangenheit auch an die Kraft von Überraschungen. Hängen bleiben letztlich die Erinnerungen von Erlebnissen, die uns überrascht und bewegt haben. Bestehendes weiterführen ist schön und gut – grosse Emotionen sollte man damit nicht erwarten. Für die grossen Gefühle braucht es schon einen Schritt ins Unbekannte, eine Innovation. Das gelingt unseren Ausstellungsmachern zum Glück gut. Auch die letzte Wechselausstellung Sounds of Silence hat Preise erhalten.

Innovation durch Integration
Dasselbe in meinem Bereich Marketing und Kommunikation zu schaffen, ist hingegen nicht ganz einfach. Dennoch arbeite ich auf dieses Ziel hin. Und plötzlich findet man ein Gebiet, wo sich Möglichkeiten auftun. Eine Vernissage zum Beispiel. Hier werden die Gäste meist mit langen Reden gequält. Bei Schweinehunde und Spielverderber haben wir uns etwas Neues erlaubt: Ein Rundgang, auf dem die Gäste selbst eine aktive Rolle erhalten. Vom Fotomoment auf dem roten Teppich, über eine vom Publikum gehaltene Begrüssungsrede bis zum Apéro im Hinterhof am Feuer in den Ölfässern. Unsere Gäste waren überrascht und gleichzeitig begeistert von diesem neuen Format. Die Nervosität hat sich wieder einmal gelohnt!